So gelingt eine gute Kommunikation in der Hochschullehre

You are currently viewing So gelingt eine gute Kommunikation in der Hochschullehre

Wir kommunizieren alle den ganzen Tag. Nach Paul Watzlawick ist es unmöglich, nicht zu kommunizieren. Und insbesondere als Lehrende:r sind Sie den ganzen Tag in kommunikativer Interaktion. Frust in der Lehre bzw. genauer Frust im Unterricht kann teilweise deshalb entstehen, weil Lehrende und Studierende nicht gut miteinander kommunizieren und sich schlichtweg nicht verstehen.

Kommunikationsprozesse haben im Kern zwei Seiten: die Sach- und die Beziehungsseite. Auf der Sachebene erfolgen die Wissensvermittlung und die Weitergabe von Informationen. Die Beziehungsebene hingegen ist geprägt von dem menschlichen Verhältnis, also wie die Gesprächsbeteiligten zueinanderstehen. Menschen neigen dazu, auf der Sachebene Informationen zu teilen, die eigentlich auf der Beziehungsebene etwas bewirken sollen. Wenn wir erkennen, welche Seite gerade angesprochen wird, können wir leichter Herausforderungen lösen und Konflikte umgehen. Insbesondere im Rahmen des Unterrichts ist die Berücksichtigung dieser beiden Komponenten wichtig.

Hinzu kommt, dass jede:r Empfänger:in selbst entscheidet, was sie/er hört. Denn das was wir verstehen, ist neben der Beziehung der beiden Gesprächspartner:innen u. a. beeinflusst von unseren Erfahrungen, unserer aktuellen Lebenssituation, Erwartungen, unserer Sozialisation und Persönlichkeit. Welche Gefühle die Botschaft bei dem/der Empfänger:in auslöst, liegt in dessen/deren Sphäre.

Kommunikation umfasst die verbale und die nonverbale Seite. Ich habe außerdem zwei Aspekte ergänzt, denen aus meiner Sicht auch eine große Bedeutung zukommt: Und zwar das Vier-Seiten-Modell sowie die innere Einstellung. Wenn Sie ein paar einfache Regeln berücksichtigen, wird sich das Verhältnis zu den Studierenden signifikant verbessern.

Starten wir mit der verbalen Seite: 

Gute verbale Kommunikation

Zu den wichtigsten Komponenten guter verbaler Kommunikation gehören das miteinander Reden und das Zuhören. Es klingt so banal und ändert doch alles, wenn wir es wirklich und ernsthaft betreiben. Aus meiner Sicht gesellt sich zu diesen beiden Faktoren noch die Bereitschaft, sich auf das, was das Gegenüber sagt, wirklich einzulassen. Und nicht in einem Gespräch mit den Gedanken abzuschweifen und ganz woanders zu sein.

Zu einer förderlichen Kommunikation gehört, den Studierenden zuzuhören, nicht sofort auf das Gesagte zu reagieren, sondern es einen kurzen Moment wirken zu lassen und dann konstruktiv darauf einzugehen. Weit verbreitet ist die Ansicht, sog. „Ich-Botschaften“ zu senden. Also in der Ich-Form Dinge zu formulieren (z. B.: „Ich habe den Eindruck, dass…“). Diese Ich-Botschaften sollten jedoch nicht dazu verwendet werden, um durch die Hintertür dem/der Gesprächspartner:in etwas vorzuhalten (z. B.: „Ich finde, dass du ungeschickt bist.“). Bei Ich-Botschaften geht es doch vielmehr darum, sich mitzuteilen (z. B.: „Für mich ist diese Situation schwierig und ich bin mir unsicher, was ich tun kann.“). Das Gegenüber kann dann entscheiden, ob und ggf. wie es mit dieser Information umgeht. Die reine Reaktion wird zunächst deaktiviert. Auf Vorwürfe reagieren Menschen üblicherweise mit Gegenvorwürfen. Ein unendlicher Kreislauf entsteht, der nichts Förderliches bewirkt.

Gute nonverbale Kommunikation

Die sprachliche Kommunikation wird durch die nicht-sprachliche Seite ergänzt. Dazu gehören die Körperhaltung, Mimik und Gestik sowie z. B. auch die Tonlage. Ich glaube, dass diesem Bereich insbesondere auch in der Hochschullehre eine große Bedeutung zukommt. Gelingt es den Lehrenden, ein Gespür für die Bedürfnisse und das zu bekommen, was die Studierenden beschäftigt, entsteht eine zwischenmenschliche Verbindung. Und diese bewirkt automatisch, dass das Gegenüber offener und friedlicher ist. Denn die Studierenden registrieren, dass Interesse an dem besteht, was sie denken und fühlen.

Und das beginnt ganz einfach damit, dass Sie Interesse an den Studierenden und für ihre Bedürfnisse haben. Wenn bei Ihnen bereits eine Offenheit besteht, werden Sie sehr schnell die nonverbalen Sprachzeichen erkennen. Sie können dann proaktiv das Gespräch suchen. Hier hilft es, Menschen zu beobachten. Und dann in den Dialog zu gehen. Zuhören und auf die nicht-sprachlichen Zeichen achten, trainiert die Fähigkeit, diese schneller wahrzunehmen und im Rahmen einer förderlichen Kommunikation zu verwenden.

Neben diese zwei Ebenen – die Sach- und Beziehungsebene – treten noch zwei weitere Seiten. Wenn Sie sich dieser zusätzlich bewusst sind, können Sie Kommunikationsprobleme reduzieren.

Das Vier-Seiten-Modell

Friedemann Schulz von Thun hat das Vier-Seiten-Modell entwickelt, wonach jede Nachricht eines Menschen vier Seiten hat: die Sachseite (Inhalt der Nachricht), die Beziehungsseite (Verhältnis von Sender:in und Empfänger:in), die Selbstmitteilungsseite (Mitteilung der Senderin/des Senders) und die Appellseite (was Sender:in von Empfänger:in möchte). Abhängig von der Ebene ist die Botschaft jeweils eine andere. Es gehört zur großen Kunst der Kommunikation zu erkennen, welche der vier Ebenen angesprochen wird. Je einfacher und klarer eine Nachricht formuliert ist, desto schneller wird diese ersichtlich und kann entsprechend verarbeitet werden.

Innere Einstellung der Lehrenden zu den Studierenden

Ein Punkt ist nach meinen Erfahrungen der casus knaxus einer funktionierenden Kommunikation: Die innere Einstellung der Lehrenden zu den Studierenden. Es klingt banal, aber ich habe es mehrfach erlebt: Wenn die Lehrenden mit dem Gefühl, dass sie keine Lust auf die Studierenden haben, den Hörsaal betreten, wird eine gute Kommunikation nicht möglich sein. Denn sie verschließen sich durch diese Haltung. Eine funktionierende Kommunikation – und damit das verstehen-wollen – baut jedoch auf Öffnung. Öffnung von Geist und Herz. Die innere Einstellung ist Voraussetzung dafür, dass Kommunikation wertschätzend erfolgt. Denn nur wenn ich selbst die Absicht habe, mich auf das Gesagte einzulassen und förderlich darauf zu reagieren, also so, dass etwas Produktives entsteht und ein Prozess vorangeht, ist dies auch im Außen möglich. Es beginnt im Inneren. Dabei hilft, den anderen nicht als Feind zu sehen, sondern als Mensch. Als Mensch mit ähnlichen Herausforderungen. Diese Denkweise fördert eine konstruktive Kommunikation. Sich auf den anderen einzulassen und zu versuchen, seine Ansicht zu verstehen bzw. seine Perspektive einzunehmen.

Wenn Sie merken, dass Sie wiederkehrend ein totales Unwohlsein beim Gang in den Hörsaal empfinden, stellt sich die Frage nach den Gründen dafür. Vielleicht ist es die Angst, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein oder nicht alles zu wissen, vielleicht ist es Druck, den Lehrstoff nicht zu schaffen und den eigenen Erwartungen gerecht zu werden, vielleicht Schüchternheit oder das Empfinden, nicht genügend Entertainer-Qualitäten für diese Aufgabe mitzubringen. Es lohnt sich, dem auf den Grund zu gehen. Und zwar nicht nur, um die Aufgabe des/der Lehrenden auch weiterhin wahrzunehmen, sondern insbesondere, um hier etwas zu lösen, das Sie belastet. Um ein erfülltes Leben als Lehrende:r führen zu können, ist es enorm wichtig, dort rein zu fühlen, an sich zu arbeiten und sich hier zu entwickeln.

Praktische Tipps für eine gelungene Kommunikation

Bitten Sie Ihr Gegenüber wiederzugeben, wie es Ihre Nachricht verstanden hat. Dann können Sie wiederum erklären, ob dieser Inhalt das war, was Sie gemeint haben. Damit erfolgt ein Abgleich dessen, was Sie gesagt haben, was gehört wurde und was gemeint war.

Verzichten Sie auf Vorwürfe und Bewertungen und teilen Sie stattdessen Beobachtungen und Empfindungen mit. Seien Sie dabei verständnisvoll. Es ist förderlich, Kritik ausschließlich in Bezug auf Verhaltensweisen zu äußern (und nicht hinsichtlich der Person selbst). Denn Verhalten können wir ändern. Der Clou: Je mehr Sie selbst diese konstruktive Kommunikation anderen gegenüber leben, desto leichter fällt es Ihnen, mit der Ihnen gegenüber geäußerten Kritik umzugehen, denn Sie hören sie ganz anders. Sie werden automatisch aus der Botschaft herausfiltern, was für eine Entwicklung und Verbesserung des Prozesses hilfreich ist. Sie werden Kritik immer weniger persönlich nehmen und anfangen im „Entwicklungsförderungs-Modus“ zu denken. Sie werden leichter erkennen, ob das Gesagte etwas enthält, mit dem Sie arbeiten können oder ob es ausschließlich den/die Sender:in betrifft. Insbesondere dieser Punkt ist im Rahmen der Hochschullehre wichtig, denn das Feedback wird häufig von den Studierenden Ihnen entgegengebracht werden und weniger andersherum.

Reden. Zuhören. Sich innerlich öffnen. Spaß haben. Das macht eine gute Kommunikation aus.